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Migräne – Therapie

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Kopfschmerzen und Migräne

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt Migräne zu den 20 Leiden, die das tägliche Leben am meisten einschränken. Neben dem persönlichen Leidensdruck ist der volkswirtschaftliche Schaden durch Arbeitsausfall beträchtlich, auch in Deutschland: Allein bei uns leiden etwa acht Millionen Menschen darunter. Doch nur jeder zweite Betroffene weiß Bescheid. Zwar werden – bei wahrscheinlich hoher Dunkelziffer – sechs Prozent der Männer und sogar 17 Prozent der Frauen regelmäßig von Migräneattacken geplagt, doch nur etwas mehr als die Hälfte von ihnen bekommt die richtige Diagnose. Viele Patienten konsultieren zudem ihren Arzt nicht oder nicht mehr, weil die bisher verordnete Therapie nicht die gewünschte Linderung brachte. Tatsächlich erhalten viele Betroffene noch immer keine Behandlung nach den Leitlinien der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). Im Gegenteil: Knapp die Hälfte der Patienten behandelt die teilweise unerträglichen Schmerzen auf eigene Faust.

Mal mit, mal ohne Aura
Bei Migräne handelt es sich um eine neurologischen Erkrankung. Charakteristische Kennzeichen sind pulsierende oder pochende, meist halbseitig auftretende Kopfschmerzen, die oft von zusätzlichen Symptomen, wie Übelkeit, Erbrechen, Licht-, Lärm- oder Geruchsempfindlichkeit begleitet werden. Der quälende Schmerz verstärkt sich meist bei Kopfbewegungen oder körperlicher Aktivität und kann je nach Patient zwischen 60 Minuten und 3 Tagen dauern. Bei etwa 15 Prozent der Betroffenen geht dem Migräneanfall eine Aura voraus, während der bestimmte Ausfallerscheinungen wie Seh-, Sprach- und Geruchsstörungen, Ameisenkribbeln oder Schwindel auftreten. Die Entstehung eines Anfalls beruht vermutlich auf einer genetisch bedingten Übererregbarkeit des Nervengewebes. Stress, Überarbeitung, Reizüberflutung, ein unregelmäßiger Biorhythmus, Schlafmangel, Muskelverspannungen, eine plötzliche Entspannungsphase (Wochenendmigräne), aber auch unregelmäßiges Essen, ein Wetterumschwung und vor allem hormonelle Veränderungen wie bei der Menstruation können als Trigger eine Migräne auslösen. Da bei einem Anfall entzündungsvermittelnde Botenstoffe wie die Substanz P, Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) und Stickstoffmonoxid (NO) aus Nervenendigungen des fünften Hirnnervs (Trigeminusnerv) freigesetzt werden, existiert daneben und überlappend noch eine neurologische Hypothese für seine Entstehung. Der pulsierende Charakter des Migränekopfschmerzes lässt sich wiederum gut mit der vaskulären Hypothese erklären: Schmerz- und Dehnungsrezeptoren des Trigeminusnervs in den Wänden der Adern werden bei der Blutgefäßerweiterung stimuliert. Auch scheint der Neurotransmitter Serotonin pathophysiologisch bei dieser Erkrankung eine wichtige Rolle zu spielen.

Therapie
Heilen lässt sich die Migräne nicht. Wirksame Medikamente und unterstützende nichtmedikamentöse Therapien können jedoch helfen, die Intensität der Attacken sowie die Anfallshäufigkeit zu reduzieren. In der Akuttherapie stellt die aktuelle Leitlinie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft den Triptanen das beste Zeugnis aus. Diese Gegenspieler des Neutrotransmitters Serotonin wirken am besten, wenn sie gleich zu Beginn der Kopfschmerzphase eingenommen werden, und helfen auch gegen die typische Begleiterscheinungen wie Übelkeit und Erbrechen. Nicht eingenommen werden sollten Triptane während Aurasymptomen oder gleichzeitig mit Ergotaminen. Grundsätzlich dürfen Triptane nicht angewendet werden bei bestehender koronarer Herzerkrankung, unbehandeltem Bluthochdruck, schweren Nieren- und Leberfunktionsstörungen, während Schwangerschaft und Stillzeit sowie nach Herzinfarkt oder Schlaganfall. Ist die erste Gabe eines Triptans bei einer Attacke nicht wirksam, ist eine zweite Gabe zwecklos. Bei generellem Nichtansprechen kann ein anderer Vertreter der Klasse dennoch wirksam sein.

Fünf Beratungsregeln

  • Migränemittel wirken besser, wenn sie frühzeitig eingenommen werden.
  • Schmerzmittel und Triptane dürfen nur an zehn Tagen pro Monat eingenommen werden. Sonst droht ein medikamenteninduzierter Dauerkopfschmerz.
  • Bei mehr als zwei Migräneattacken pro Monat empfehlen die ärztliche Fachgesellschaften eine Mirgräneprophylaxe, also eine vorbeugende Behandlung über sechs Monate.
  • Viele ärztlich verschriebene Migräneprophylaktika sind mit stärkeren Nebenwirkungen behaftet, weshalb Patienten die Therapie häufig vorzeitig abbrechen. Hier könnte pflanzliche Prophylaktika auf Pestwurzbasis eine complianceverbessernde Alternative oder eine Vitamin B2-Magnesium-Kombination ratsam sein.
  • Die Migränetherapie sollte durch Entspannungsverfahren, viel Bewegung an der frischen Luft, eine Ausdauersportart und einen regelmäßigen Tagesrhythmus ergänzt werden.

Bei 20 bis 30 Prozent aller Migränepatienten hilft allerdings keines der Triptane. Hier kann als Reservemedikament noch das Mutterkornalkaloid Ergotamintartrat zum Einsatz kommen. Ansonsten sind Mutterkornalkaloide den Triptanen unterlegen. Sie sind weniger wirksam, haben mehr Nebenwirkungen und führen besonders rasch zu einem medikamenteninduzierten Wiederkehrkopfschmerz. Bei leichten bis mittelschweren Migräneattacken sind Acetylsalicylsäure (ASS), Paracetamol, Ibuprofen oder Diclofenac-Kalium Mittel der ersten Wahl.

Therapiebegleitende Maßnahmen
Als Allgemeinhandlung im Akutfall helfen Reizabschirmung, Liegen im abgedunkelten Raum, Kühlen des Kopfes, womöglich auch Pfefferminzeinreibungen. Bei der Prophylaxe sollten nichtmedikamentöse Maßnahmen die medikamentösen begleiten. Therapeutische Strategien wie Biofeedback, Yoga, progressive Muskelentspannung nach Jacobsen, Akupunktur oder kognitives Schmerzbewältigungstraining werden empfohlen. Auch Ausdauersport wie Joggen oder Rad fahren hilft vielen. Unter Umständen ist eine Psychotherapie ratsam.

Quelle: Die PTA in der Apotheke 37